Konzertberichte

Dark-Metal im Doppelpack: Lord of the Lost und Nachtblut in Kaiserslautern

Am 11.11.2022 hat Lord of the Lost auf ihrer „Homecoming Tour“ in der Kammgarn Kaiserslautern gastiert. Trotz eisigen Temperaturen sammelte sich schon lange vor Einlass eine schwarze und weitreichende Schlange gutgelaunter Fans, um neben Chris Harms mit seinen Mannen auch die Dark-Metaller von Nachtblut sowie die Dark-Pop/Rock-Band Scarlet Dorn zu hören.

Pünktlich öffneten sich schließlich die Türen der ehemaligen Spinnerei. Nun aber schnell rein in die warme Stube, das heißt rein ins Casino entweder in die ersten Reihen, auf die Empore oder erst mal ein Bier holen. Der Saal füllte sich allmählich und als der Spot auf der Bühne anging, begrüßte Lord Chris höchstpersönlich die jubelnde Gemeinde. Witzelnd und offensichtlich gut gelaunt verkündete er ungeschminkt im legeren LOTL-Outfit, dass erstens die anscheinend beliebten Winter-Hoodies der Band wieder käuflich zu erwerben sind als auch zweitens, dass Scarlet Dorn nach krankheitsbedingter Zwangspause zum Tourausklang wieder auftreten können. So steht nur kurze Zeit später die fünfköpfige Band um die gleichnamige Sängerin und dem LOTL-Keyboarder Gared Dirge im Scheinwerferlicht. Düster-melodischer Rock gepaart mit einer hohen, klaren Stimme erfüllt die Halle. Der sanfte Sound ist eingängig, was von den Anwesenden gut angenommen wird. Man wippt mit oder klatscht zu den Songs aus dem aktuellen Album „Queen of broken Dreams“ und zu den atmosphärischen Klängen sowie der nahezu klassischen Stimme füllt sich das Haus fast vollständig.

Dann kommt es hart: Tiefes Grollen und gottloser Schreigesang durchzieht die Kammgarn. Weiß geschminkt im dunklen Outfit starten Nachtblut ihren Auftritt und es dauert nicht lange, bis „Multikulturell“ gefolgt von „Kaltes Herz“ aus dem aktuellen Album „Vanitas“ lautstark mitgegrölt wird. Nickende Köpfe und fliegende Haare dominierten vor der Bühne. Wer noch etwas von den fröstelnden Temperaturen von der Warteschlange geplagt war, dem wird jetzt richtig eingeheizt. Askeroths Stimme zieht mit sozialkritischen Texten das Lautrer Publikum in seinen dunklen Bann, begleitet von AblaZ am Bass, Greif an der Gitarre und den hämmernden Schlägen von Drummer Skoll. „Wie Gott sein“ oder „Nur in der Nacht“ sind nur Auszüge eines mitreißenden Potpourris alter Hits und Lieder der neuen, sehr gelungenen Scheibe des norddeutschen Quartetts. Inzwischen ist es auch Askeroth und AblaZ warm geworden. So gehen die beiden schwitzend mit schwarz bemaltem Oberkörper in die finale Runde. Die ein oder andere Dame zeigt sich entzückt. „Lied für die Götter“ und das Prinzen-Cover „Alles nur geklaut“, bei dem die vorderen Reihen stellenweise ins Mikro brüllen bzw. singen dürfen, spülen zum Schluss nochmals ordentlich den Gehörgang. Wer – wie ich – noch mehr von Nachtblut haben möchte, kann sich auf die anstehende „Vanitas“-Tour im im Frühjahr 2023 freuen.

Kaum ist der Applaus erloschen, geht es nach einer kurzen Pause unter Jubel mit dem Headliner weiter. Lord of the Lost stürmen mit „Dry The Rain“ die Bühne und sofort kocht die Stimmung weiter hoch. Um es gleich vorne wegzunehmen, für Chris, Class, Gared, Pi und Niklas zeigen eine rundum gelungen Premiere in der Betze-Stadt – auch wenn man sich in der Band anfangs noch versichern musste, ob das örtliche Publikum mit „Kaiserslauterer“, „K’lauterer“ oder „Lautrer“ ansprechen soll. Chris Harms versteht es, die Fans zu verzücken und zu unterhalten. Auf der Setlist stehen allseits bekannte Kracher wie „Loreley“ oder nachdenkliche Töne wie „One Day Everything Will Be Okay“, das die fünf Musiker den treuen Fans widmen. Ein Dankeschön an alle, die stets zu der Band stehen, auch in Zeiten, die nicht immer leicht gewesen sind. Man stellt sich zeitweise die Frage, ob es noch richtig ist, was man tut, so Chris. Auch wenn die Antwort stets Ja war, war nicht immer alles so ersichtlich bzw. sicher. Dass in letzter Zeit bei Lord of the Lost einiges richtig läuft, beweist das neue Album. „Judas“ ist erfolgreich und findet im Liederkanon mit Songs wie beispielsweise „Priest“, „For They Know Not What They Do“ sowie „The Gospel of Judas“ seinen Platz. Gerne mehr davon. Später zu „Full Metal Whore“ lässt sich der Lord noch schnell ein Becken bodennah an das Drumskit schrauben, an das er taktvoll im weiteren Verlauf drantreten kann. Immer wieder hat man den Eindruck, es herrscht Mitsing- besser gesagt Mitschreipflicht, wozu man sich dann gerne hinreißen lässt. Bis zum Ende bebt geradezu die Kammgarn unter der Begeisterung. „Drag Me To Hell“ beendet einen tollen Abend in Kaiserslautern und macht Lust auf mehr, vielleicht beim Lordfest, dem eigenen Festival von Lord of the Lost im nächsten Jahr.