Die Grausamen Töchter in Frankfurt: Ein Abend der dunklen Symphonien
„Get Your Overdose“, so lautet das verführerische und zugleich beängstigende Versprechen der Grausamen Töchter. Um sich diese gebührend einzuverleiben, hat die Kultband am 11.05.2025 in den Frankfurter Club „Das Bett“ geladen. Gemeinsam mit Twins in Fear und Vampyros Lesbos feierte die extravagante Girl-Combo einen obsessiven Konzertabend voller musikalischer Exzesse und faszinierender Darbietungen, der sicherlich nichts für schwache Nerven war.
Bereits beim Betreten des Clubs lag irgendwie eine elektrisierende Spannung im Raum. Das Publikum, eine bunte Mischung aus Gothics, Szene-Anhängern und Neugierigen, harrte gespannt der Dinge, die da kommen sollten. Nebel verhüllte die Bühne als Twins in Fear im schummrigen Licht zu den Tönen von „Abseits“ vor die applaudierende Menge treten. Der düstere Synth-Pop der beiden blonden Sängerinnen traf schon gleich zu Beginn an den Nerv. Treibenden Beats und die bedrohlich anmutenden Vocals wie bei „Geld“ oder „Gespenster“ schufen im Weiteren eine Atmosphäre, die an die dunkelsten Untiefen der menschlichen Psyche erinnerte. Die Performance, eine inszenierte Mischung aus Angst und Faszination, bewegte und Das Bett bekam die erste Dosis.
Danach verdunkelte sich der Raum und im spärlichen Rotlicht betraten Vampyros Lesbos das Podium. Im schwarzen Lack-/Latex-Outfit unter einem schwarzen Schleier verhüllt ziehen die beiden Frontfrauen die Anwesenden mit in eine mysteriöse Welt. Worte der Leidenschaft und aus dem Okkult, beispielsweise bei „Willst du mal?“, mischten sich in ruhige Melodien, die von harten Electrobeats getragen werden. So baute sich eine dunkle Symphonie aus lustvollem Transsilvanien-Flair gepaart mit einem pulsierenden Dark-Wave-Sound auf, die nach vier Songs ein viel zu frühes Ende fand. Das Publikum bedankte sich bei dem Booster mit ordentlich Beifall.
Die Überdosis setzten dann die Grausamen Töchter. „Satisfaction through pain“ stand auf einem der Schilder, die von Elsi zu Beginn hochgehoben wurden, und zeigte unmissverständlich den Weg des Abends auf. Schließlich präsentierte die Neoelectro-Girl-Band ihr neues Album „BDSM for Satsfaction“. Zu „Glaube Liebe Hoffnung“ enterte kurze Zeit später Mastermind Arena Peel im weißen Fellmantel mit ihren Schwestern die immer noch im Nebel verhüllte Bühne. Was dann folgte, war eine regelrechte Injektion in die Sinne und den Verstand, welche das Publikum mit knallharter Konfrontation in ästhetisch-provokanter Weise an die eigenen Grenzen und darüber hinaus führte. Zum rhythmisch schlagenden Synthesizer nahm Peels durchdringende Stimme kein Blatt vor den Mund. Songs von der neuen Scheibe wie „Schmerz“, „Folterkeller“ oder „Annika wird Filmstar“ erzählten von tiefen Abgründen aus Liebe, Lust und Gewalt. Dabei übergoss sich die Sängerin aus einem Benzinkanister, riss sich Haare aus (der Perücke) oder wälzte sich in Kunstblut. Die bizarren Szenen bohrten sich schmerzhaft durch die Gehirnwindungen auf der Suche nach Interpretationen und brachten ungeschminkt auch soziokulturelle Missstände ans Licht. Mit ihrer provokanten Performance und ihrer charismatischen Bühnenpräsenz tauchten die Grausamen Töchter – allen voran Aranea Peel – das Publikum genüsslich Stück für Stück tiefer in ihren Abgrund. Ein Abgrund, der für einige vielleicht näher ist, als man zugeben mag. Das fesselnde Potpourri beinhaltete neben den neuen Songs auch Klassiker wie „Wie eine Spinne“, „Annika ist tot“ und das Joachim-Witt-Cover „Goldener Reiter“. Mit „Ich darf das“ kommt zum Schluss der Bandklassiker, der laut Peel auf keinem Grausame-Töchter-Konzert fehlen darf.
„Get Your Overdose“ war nicht nur ein Versprechen, sondern eine Aufforderung, sich voll und ganz der exzessiven Show hinzugeben. Die Grausamen Töchter erfüllten ihr Versprechen: Ihr Auftritt war ein hypnotisierender Trip, der das Publikum in einen Strudel aus musikalischer Ekstase und visueller Überwältigung zog. Die nicht immer leichten Inhalte wurden durch die konsequent groteske Bühnenshow der ausdrucksstarken Sängerin und ihren Mitstreiterinnen unterstrichen, die es meisterhaft schafften, das tanzwütige Publikum im Club Das Bett bis zum Schluss in ihren Bann zu ziehe