Wasser geschichtet freistellen
Einmal wie Moses das Wasser teilen. Das wäre was. Hätte er noch Photoshop besessen, hätte er wahrscheinlich das Nass in seine digitalen Bestandteile aufsplitten können. Doch wozu sollte man sich die Arbeit machen? Wozu der gute Moses dies benötigen sollte, kann ich nicht beantworten, aber Sie können damit Wasser glaubhaft auf andere Bilder übertragen, um so realistische Effekte zu erzielen. Doch bevor ich in Photoshop mit dem Splitten beginnen kann, muss zuerst das passende Ausgangsbild erstellt werden. Und glaubt mir, es wird mehr als nur feucht werden.
Das Ausgangsbild habe ich mit einer Highspeed-Aufnahme aufgenommen. Die Kamera stand dafür auf einem Stativ und war über ein Synchronkabel mit einem externen Aufsteckblitz verbunden, der wiederum auf einem Stativ in einer Softbox befestig war. In etwa einem Meter Entfernung stand ein Planschbecken, um das fallende Wasser aufzufangen. Weiter dahinter stand der einfarbige Hintergrund. Ich entschied mich für ein Marineblau, das Sie aber auch ohne weiteres durch ein entsprechend helles bzw. dunkles Grau oder Grün zu ersetzen können. Vor dem Hintergrund platzierte ich einen zweiten Aufsteckblitz mit Diffusor (oder besser Softbox), der mit einer Folie vor Spritzwasser geschützt wird und den Hintergrund separat beleuchtet. Um das fliegende Wasser wirklich einzufrieren, wurde die Belichtungszeit auf 1/5000 Sek. festgelegt. Den Fokus legte ich mit Hilfe eines zusätzlichen Stativs, das nur dafür kurz im Becken stand, manuell auf den Punkt, auf dem später das Wasser (hoffentlich) sein wird, idealerweise auch über dem Auffangbecken. Während nun eine weitere Person das Wasser schüttet, wirft oder spritzt, versuche ich zum richtigen Zeitpunkt auszulösen. Sind die Bilder dann im Kasten, die Fluten dem Raum entwichen sowie alle Kleider getrocknet, beginnt jetzt die Arbeit am Rechner.
Nachdem die Fotos überspielt, begutachtet und aussortiert wurden, öffnen Sie ein Bild in Photoshop. Im RAW-Konverter oder auch mit der Tonwertkorrektur werden die Tonwerte so angepasst, dass das Histogramm eine gleichförmige Verteilung widergibt, die weder Lücken noch Abrisse in den Randbereichen aufweist. Im Anschluss wird die Ebene dupliziert (Strg + J) und diese komplett entsättigt, z.B. mit der Einstellungsebene “Dynamik” oder “Schwarzweiß”. Die neue SW-Ebene wird nun dupliziert (Strg + J) und in “Hell” umbenannt. Aus dieser Ebene wird mit Hilfe der Kanäle eine Lichter-Maske erstellt, die Ihnen ermöglicht, nur die hellen Tonwerte zu isolieren. Dazu klicken Sie in der Kanäle-Palette mit gedrückter Strg-Taste auf den RGB-Kanal. Photoshop erstellt dabei die Luminanz-Auswahl, welche als neuer Kanal “Luminanz” gepeichert (Auswahl > Auswahl speichern) wird. Da die Auswahl noch immer besteht, klicken Sie jetzt mit gedrückten Shift-, Alt- und Strg-Tasten auf den neuen “Luminanz”-Kanal. Hierbei wird die Schnittmenge beider Auswahlen gebildet. Im Fenster “Ebenen” wird die neue Auswahl als Ebenemaske (mit Klick auf das Ebenenmaskensymbol) an die Ebene “Hell” hinzugefügt. Mit dem Abwedler- (Bereich: Lichter) und Nachbelichter-Werkzeug (Bereich: Tiefen) bearbeiten Sie bei Bedarf diese Maske, bis nur noch die gewünschten Lichter zu sehen sind. Abschließend bekommt die Ebene “Hell” bei 100% Deckkraft den Ebenenmodus “Negativ multiplizieren” zugewiesen. Für die tiefen Tonwerte gehen Sie ähnlich vor, nur dass Sie einen umgekehrten Luminanzkanal als Grundlage nehmen. Dazu duplizieren (Strg +J) Sie wieder das SW-Bild und nennen die neue Ebene in “Dunkel” um. Anschließend duplizieren Sie (Rechts-Klick auf Kanal > Kanal duplizieren) den “Luminanz”-Kanal und invertieren diesen (Strg + I). Den umgekehrten Kanal nenne ich “Luminanz invert”. Daraus laden Sie zuerst die Auswahl (Strg + Mausklick auf Kanal) und danach bilden Sie die eigne Schnittmenge (Shift + Alt + Strg + Mausklick). Es ist das gleiche Vorgehen wie zuvor bei den Lichtern, nur auf der invertierten Luminanzauswahl. Die neue Auswahl hängen Sie der “Dunkel”-Ebene als Ebenenmaske an, welche auch mit Abwedler und Nachbelichter optimiert wird. Diese Ebene bekommt mit 50% Deckkraft den Ebenenmodus “Multiplizieren”.
Um die kontrastreichen mittleren Tonwerte zu bekommen, wird erneut das SW-Bild dupliziert, jedoch zwei Mal. Die obere Ebene kehren Sie um (Strg + I) und versetzen diese in den Ebenenmodus “Strahlendes Licht”. Nun wird auf ihr der “Matter machen”-Filter angewandt. Hier wählen Sie die Einstellung so, dass die Struktur noch gut erkennbar ist. Nach der Bestätigung mit OK fassen Sie die obere Ebene mit der unteren Ebene zu einer Ebene zusammen (Rechtsklick auf obere Ebene > Mit darunter liegender Ebene auf eine Ebene reduzieren). Auf der neuen zusammengefassten Ebene kommt jetzt der “Tiefen/Lichter”-Filter (Bild > Korrekturen > Tiefen/Lichter) zum Einsatz. In den Einstellungen setzen Sie die Stärken bei Tiefen und Lichter auf null Prozent, nur der Regler der Mittelton-Kontraste wird auf +100 geschoben. Nachdem Bestätigen des Filters platzieren Sie die Ebene zwischen der “Dunkel”- und “Hell”-Ebene und weisen ihr den Ebenenmodus “Ineinanderkopieren” bei 50% Deckkraft zu. Im Anschluss habe ich sie in “Mittenkontraste” umbenannt. Sollte nun zu viel Rauschen betont worden sein, können Sie dem mit einer geringen Weichzeichnung (z.B. Gaußscher Weichzeichner bei etwa 2 Pixel) entgegen wirken. Mit einer Maske und einem weichen Pinsel malen Sie nun die Kontraste im Wasser heraus.
Im letzten Schritt wähle ich die drei Ebnen “Hell”, “Mittenkontraste” sowie “Dunkel” aus und verbinde sie miteinander (Rechtklick auf eine Ebene > Ebenen verbinden), damit man sie besser zusammenhängend bearbeiten kann. Meist packe ich sie noch zusätzlich in eine Gruppe. Unter die Gruppe bzw. den Ebenenverbund kann nun ein beliebiger Hintergrund eingefügt werden. Die restlichen Ebenen sind nicht mehr notwendig. Wer mehr Speicherplatz in der PSD-Datei einsparen möchte, kann die Masken auf die Ebenen anwenden und die beiden zusätzlichen Kanäle löschen.
Die Anwendungsmöglichkeiten der geschichteten Freistellung sind vielseitig. Das isolierte Wasser kann quasi überall hinzugefügt werden, wobei die Transparenz erhalten bleibt. Ich habe diesen Workflow an dem alt bekannten Beispiel des Wasserkleides angewandt. Der Wassereffekt ist um Längen realistischer wie durch die Benutzung von Brushes, da diese nur die hellen Tonwerte wiedergeben. Aber räumliche Tiefe benötigt Licht und Schatten. Ein verschwommenes Objekt hinter dem Wasser kann mit dem Verzerren-Filter “Glas” simuliert werden, wobei mit einer Ebenenmaske auch nur die Bildteile freigestellt werden sollen, die auch durch das gebrochene Licht im Wasser verschwommen erscheinen.
LG Andreas