Konzertberichte

Rocco del Schlacko: Der Sauwasen feiert fantastisch quer durch die Musikgenres

Der Sauwasen ist auch dieses Jahr wieder der Schauplatz tausender Open Air Freunde gewesen. Vom 08. bis 10.08.2019 haben Top-Bands wie Die Fantastischen Vier, The Subways oder die Donots den saarländischen Acker bei Püttlingen massiv durchgerüttelt. Etwa 28 000 Musikfreunde feierten beim Rocco del Schlacko die 33 Rock-, Hiphop- und Pop-Bands 33 Bands und bzw. Solokünstler auf den Bühnen.

Fantastische Eröffnung

Bei herrlichem Sommerwetter eröffnen die Monsters of Liedermaching das Drei-Tages-Event. Traditionell wird wieder auf zwei Bühnen gespielt: Neben der großen Hauptbühne sorgt auch die kleine Bühne “Am Ponyhof” für ausgelassene Stimmung. Hip-Hop Klänge empfangen uns, als wir zwischen fröhlichen Gesichtern über das Gelände schlendern. VSK lassen gerade die Menge hüpfen. Das Rocco del Schlacko bietet auch dieses Jahr für jeden Musikgeschmack etwas an. So ist es nicht verwunderlich, dass Eskimo Callboy im Anschluss den Sauwasen musikalisch umpflügen. So facettenreich das Lineup so verschieden auch das bunte Publikum. Junge Metalheads gesellen munter unter Rap-Fans, während Freunde der geflegten Rockmusik mit den The Subways abrocken. Das Trio erfrischt durch schnelle Gitarrenriffs und mitreißende Songs. So darf ihr Hit “Rock & Roll Queen” natürlich in der Setlist nicht fehlen und dieser wird mit deutscher Texteinladung zur Begeisterung aller präsentiert. Die Kombo verbreitet tolles Festival-Feeling, das heute nur noch durch den Headliner getoppt wird. Kurz vor 21 Uhr betreten nämlich Die Fantastischen Vier das Podium auf dem Sauwasen.und katapultiert das Stimmungsbarometer adhoc ganz weit nach oben. Thomas D, Smudo, Michi Beck und And.Ypsilon sind live einfach ein Muss, egal welchen Musikgeschmack man präferiert. Zum einen ist der riesige Pool an Hits schon ein Partygarant, des weiteren ist aber auch die Bühnenperformance des fantastischen Quartetts “sagenhaft” partytauglich. So feiert das Rocco zu “Die da”, “Was geht” und “Yeah Yeah Yeah”. Dazwischen bezieht man klar Position gegen den rechten Populismus, bevor die Menge “ready for Schweinerock” gemacht. Professionell wird hier nicht einfach nur Musik von der Stange gezeigt, sondern unterhaltsam und anspruchsvoll. „Mit freundlichen Grüßen“ leiten Die Fantastischen Vier das Finale ein, bei dem Mitsingen und Hüpfen bis zum Ende mit “Troy” Pflicht ist. Das war fantastisch! Beim anschließenden After-Headliner lässt H.P. Baxxter garantiert noch keinen schlafen. Die elektronischen Hardcore-Beats von Techno-Urgestein Scooter erschüttern die Nacht im sonst so beschaulichen Püttlingen. Und so raven die restlichen Fans zu “Hyper Hyper” durch die Nacht.

Regenparty auf dem Sauwasen

Der zweite Tag beginnt spannend, da die Wettervorhersage Gewitter und Regen gemeldet haben. Doch davon zeugen zunächst höchstens ein paar Quellwolken. So startet das Festival bei gelegentlichem Sonnenschein wie geplant mit Lumbematz auf dem Ponyhof. Das junge Sextett hat einige Fans am Start, die mit der Band feucht-fröhlich zu Songs wie dem Namika-Cover “Je ne parle pas français” oder “Freunde sind für immer” lautstark loslegen. Der abwechslungsreiche Sound sowie antreibende Riffs, bei denen auch mal Bassistin Anna oder Geiger Dengel zum Mikrofon greifen, bescheren schon früh ein schönes Konzerterlebnis. Auf der Hauptbühne verschieben sich derweil die Spielzeiten. Ein Blick auf die aktuelle Running Order verrät warum. Skindred fehlen wegen verpasstem Flug, lässt der Veranstalter verlauten. So beginnen Van Holzen vor sehr überschaubarer Menge, aus der sich einige die Poleposition jetzt schon für den Headliner sichern. Inzwischen hat sich der Himmel verdunkelt und graue Wolken tröpfeln leicht. Während Dave Hause & The Mermaid mit seinem seichten Rocksound auf der Hauptbühne bewegen, verkünden die Leinwände, dass auf dem Ponyhof das Programm ab 17:30 Uhr vorerst unterbrochen wird, da das angekündigte Gewitter herannaht. Auf dem Sauwasen schafft man es glücklicherweise den Gig halbwegs trocken über die Bühne zu bringen. Denn nur kurz später fängt es an in Strömen zu gießen. Aber so schnell wie der Regen gekommen ist, geht es auch wieder vorbei, so dass die Donots planmäßig starten. Und deren Startschuss gleicht dem – zum Glück ausbleibenden – Gewitter. Die Jungs, die vor 15 Jahren zum ersten Mal auf dem Rocco del Schlacko auftraten, sind definitiv ein Publikumsliebling. Auf dem Sauwasen drehen sich Moshpits, hüpfen und tanzen die Massen und das ungestört des kurzzeitig einsetzenden Regens. Mit “Stop the Clocks” und vielen weiteren Hits gestalten sich die nächsten Minuten zur ausgelassene (Regen)party zur Silberhochzeit der Band. Im Matsch sitzend wird gerudert, der Erdbeermann (ein Fan im Erdbeerkostüm) wird über die Menge getragen und frenetisch werden Lieder wie “So Long” mitgesungen. “Man fühlt sich wie zuhause bei der Familie”, so der Sänger Ingo Kollmann. Doch plötzlich kommt es erneut zu einem heftigen Wolkenbruch. Blitze zucken am Horizont. Der Auftritt ist zu Ende und die Besucher suchen Schutz vor dem kurzen aber heftigen Regenerguss. Von Wegen Lisbeth fahren planmäßig und gemütlich fort. Der Elektro-Pop/Rock-Sound der gerade angesagten Berliner versprüht den Touch der 80er. Mal träumerisch und mal schwungvoll bewegt sich der Sauwasen in den Sonnenuntergang.

Brachialer Endspurt mit Pauken und Trompeten

Eine leichte Brise weht am dritten Tag über das Festivalgelände, als Zebrahead ihre energische Lieder über den Sauwasen schicken. “Drink beer with me, until you have to pee” stimmt einer der beiden Sänger an. Es dreht sich viel um das Gebräu, mit dem zwei Aliens auf der Bühne um die Wette trinken. Die US-Amerikaner geben sich als stimmungsgeladene Rampensäue, die live in erster Line musikalisch Spaß machen. Ein bisschen Blaskapelle dazu eine ordentliche Brise Rap, das ist im Anschluss das Muntermacher-Rezept von Moop Mama, die im prallen Sonnenlicht die Menge auf dem durchwühlten Acker bouncen lassen. Wummernde Bässe hämmern einem den Kater vom Vortag aus dem Körper. Die zehnköpfige Band aus München beweisen, dass man auch mit Pauken und Trompeten – und weiteren Blasinstrumenten – zu moderner Musik das Tanzbein schwingen kann. Kräftiger Beifall nach den Songs sowie die anhaltende Zugabe-Rufe zeugen davon. Wie von der Tarantel gestochen fegt nach der Umbaupause der Sänger von Yungblud über das Podium. Unüberhörbar hat der extrovertierte Engländer viele weibliche Groupies im Schlepptau. Selbst sein gebrochener Arm hindert ihn nicht Gitarre zu spielen oder wie ein Flummi zu springen, begleitet vom mehr oder weniger romantischen bis obszönen Gesten in Richtung der schreiende Weiblichkeiten. Das Atmosphäre erinnert dem längst vergangenen Charme der Boyband-Konzert-Hysterie a la Take That. Nebenbei gibt es musikalisch ordentlich auf die Ohren. Das Trio begeistert nämlich auch mit harten Beats und eingängigen Rhythmen. Der britische Landsmann Frank Turner lockt schließlich durch seine ausgefeilte Musik viele Fans auf den Sauwasen. Folk- und Punk-Einflüsse prägen seinen Stil, den er mit seiner Band “The Sleeping Souls” spielt. Die Geschwindigkeit der Circlepits reguliert der Frontmann zwischendurch selbst, bis alle am Rennen sind. Im Gegensatz zum Vorgänger kehrt wieder der ganz normale Festival-Wahnsinn ein, so ganz ohne hohes Gekreische. Zur Dämmerung füllt sich dann das Feld nahezu vollständig. Nicht ohne Grund, denn Bullet For My Valentine entern die Hauptbühne. Und das macht die walisische Band mit voller Energie. Die gewaltigen Gitarren gepaart mit dem pochenden Schlagzeug heizen auf dem Rocco del Schlacko mächtig ein. Zum melodischen Hardcore tobt in der Mitte der Moshpit, währenddessen drumherum die Fans die Bands mit Liedern wie “Your Betrayal” und “Tears Don’t Fall” feiern.

Was noch zu sagen wäre: Der Festivalbericht enthält leider keine Eindrücke von den Headlinern am zweiten und dritten Tag. Die Verantwortlichen haben uns sowie einen Großteil anderer Pressevertreter keine Erlaubnis erteilt, Bildmaterial vor Ort zu erstellen. Ich gehe deswegen davon aus, dass eine umfassende Berichterstattung der beiden Headliner nicht erwünscht ist. Somit bleibt mehr Raum für die anderen tollen Bands, die ich auf dem Festival erleben durfte.